Chronik des Salzbergbaus im Huy

1880
Erste Probebohrungen im Huy.

1882-1887
Es werden im nördlichen Teil des Höhenzugs Huy insgesamt vier Bohrungen niedergebracht. Aus diesen werden anschließend die Grubenfelder Hoffnungsthal I bis IV gebildet. Unter einem so genannten Kalihut aus Carnallit, Langbeinit, Kainit und Sylvinit lagen die Schichten des Steinsalzes welches bei den Bohrungen in Teufen zwischen 197 und 540 m gefunden wurde.
Das Kalilager erstreckt sich dabei zwischen 385 und 418,3 m Teufe¹ und besteht aus einer 11,5 m mächtigen Schicht Sylvinit³ mit einem KCI -Gehalt von 30 - 40 %.

1886
Gründung der „Gewerkschaft Wilhelmshall“ mit Sitz in Essen und Abbaurechten für eine rund 8,756 km² große Fläche. Für die Gewerkschaft werden 1000 Kuxen -Scheine vergeben. Den Gründern der Gewerkschaft Heinrich Stallschmidt und Dr. Martin Schenck aus Essen fehlt das notwendige Kapital und Wissen zum Abbau der Kalisalze im Huy, so dass die Gebrüder Sauer, die Inhaber der Wilhelm-Sauer-Gruppe, die Kuxen -Mehrheit übernehmen und schließlich auch das Abbaurecht erhalten.

1889
Nach Abschluss der Vorbereitungen, wozu auch der Bau der Nebenbahn
Nienhagen –Jerxheim gehört, begann man mit dem Abteufen des Schachtes Wilhelmshall I (Schacht Elisabeth) auf der Gemarkung der Gemeinde Anderbeck.
Nach fast drei Jahren erreichte man eine Teufe von 337 m und somit die fünfte und letzte Sohle.
Begonnen mit dem Abteufen hatte man 193 m über NN. Die ersten 6 m des Schachtes werden ausgemauert danach wurde bis 151 m Teufe der Schacht mit Tübbings ausgekleidet und danach bis zur Endteufe wiederum ausgemauert.
Die Sohlen des Salzes befanden sich in Teufen von 210 m, 236 m, 297 m, 318 m, und 337 m wobei die Sohlen bei 236 m und 337 m Teufe zu Hauptförderstrecken ausgebaut wurden.
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1892
Schacht I nimmt die Kalisalzförderung auf. Neben hochwertigen Sylvinit und Kainit wurden noch Carnallit², Kieserit, Hartsalz, Langbeinit, Vanthoffit und Steinsalz abgebaut.
Die Abbauörter hatten eine Breite von 30 m bei einer Firsthöhe von 190 m.
Zwischen den einzelnen Abbauörtern blieben 10 m starke Sicherheitspfeiler stehen.
Eine Rohrleitung aus gußeisernen Rohren wird von Wilhelmshall - Anderbeck - Dingelstedt (durch den Ort - über Schweinetor, Dingelstätte, Hoher Weg, Ostenpforte) - Eilenstedt (am Kriegerdenkmal vorbei) - Neudamm zum Großen Graben verlegt. Auf dem Berg zwischen Anderbeck und Wilhelmshall wurde das Wasser in einem Klärbassin mit Brunnenwasser verdünnt und geklärt bevor es zum Großen Graben weitergeleitet wurde. Bei Neuwegersleben befand sich eine Mischhütte, die das Wasser des Großen Grabens mit dem des Kaliwerks Wilhelmshall nochmals verdünnte so das die Abwässer wahrscheinlich unbedenklich eingeleitet werden konnten.
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1893
Fertigstellung einer Chlorkalium- und Sulfatfabrik.
Eine 4,5 km lange Grubenanschlussbahn wird von Wilhelmshall zum Anderbecker Bahnhof freigegeben. Für den Werksverkehr schaffte die Gewerkschaft eine Cn2-Tenderlok der Firma Henschel & Sohn an. In den nächsten fünf Jahren kamen noch zwei Dreikuppler dazu.

1895
Die Fördermenge des Kalisalzes beträgt im Jahr über 112 000 t.

1896
Inbetriebnahme der Kalimagnesia- und Sulfatfabrik.
Aus dem Kuckucksbach werden Proben entnommen. Mit diesen Wasseranalysen soll die Sauberkeit des Baches nachgewiesen werden.
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1903
Unterhalb und innerhalb von Dingelstedt üben durchgeführte Wasser einen Druck von 11½ Atmosphären auf die Leitung aus. Deshalb sind die Substanzen ausgetreten und haben in Dingelstedt fast sämtliche Brunnen (bis 100 m von der Leitung entfernt) vergiftet.

1904
Aufgrund der vergifteten Brunnen hat die Gewerkschaft Wilhelmshall damit begonnen die Rohre zu ummanteln was aus einem Schreiben an Gottfried Westendorf in Dingelstedt hervorgeht.

1906
Die Förderleistung des Schachtes I erreicht rund 800 t Kalisalze pro Schicht.
Die Seilfahrt wird durch eine 300 PS starke Zweizylinder-Dampfmaschine betrieben welche später zum neuen Schacht II versetzt wird. An ihre Stelle kam eine 400 PS starke Maschine. Zu den schon bestehenden zwei Fabriken wird eine Bromfabrik errichtet. Die Fördermenge von 243 000 t im Jahr erreicht ihren Höhepunkt.
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1908
Verlängerung der Grubenbahn nach Mönchhai.

1910
Der auf den Namen „Wilhelm von Recklinghausen“ getaufte Schacht Dingelstedt (Mönchhai) wird abgeteuft. Er befindet sich rund 2,5 km östlich des Schachtes Wilhelmshall I wobei der Schachtansatzpunkt hier mit 235,8 m über NN deutlich höher liegt. Dadurch wird das 20 m starke Carnallitlager erst bei 400 m Teufe erreicht. Die zunächst vorgesehene Endteufe von 379 m hatte man am 25. November 1911 erreicht. Parallel hierzu wird die 337 m Sohle in Richtung Schacht Dingelstedt aufgefahren.

1911
Die 337 m Teufe von Schacht Wilhelmshall I erreicht am 27.12 1911 die 379 m Teufe des Schachtes Dingelstedt. Zwischen den Schächten Wilhelmshall und Dingelstedt wird in einer Teufe von 330 m ein Festsaal eingerichtet. Die Seilfahrt im Schacht Dingelstedt wird von einer elektrischen Koepermaschine mit 690 kW Leistung angetrieben. In diesem Jahr verkauften die Gebrüder Sauer einige Anteile des Unternehmens an die Deutsche Kali-Werke AG welche von der Wintershall AG übernommen wird.

1913
Im Januar beginnt man mit dem Abteufen des Schachtes Wilhelmshall II der sich auf der Gemarkung von Huy-Neinstedt befindet und nur 290 m südwestlich von Schacht I. Gegen Jahresende wird die Endteufe des Schachtes Dingelstedt von 600 m zuzüglich eines11 m tiefen Schachtsumpfes erreicht.
Die Hauptfördersohle liegt bei 600 m.
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1914
Die Förderung im Schacht Dingelstedt wird aufgenommen.
Bis zum Sommer des Jahres erreichte man im Schacht II die Teufe von 250 m.
Die Endteufe des Schachtes II mit 485 m erreichte man erst im November 1920, da im Ersten Weltkrieg das Abteufen untersagt war. Im Schacht II haben die Bergleute mit starken Wassereinbrüchen zu kämpfen, weshalb er auch als „Elend“ bezeichnet wird.

1920
Nach dem Tod der Brüder Sauer Anfang der 20er Jahre übernimmt die Wintershall AG deren Anteile und war somit größter Anteilseigner.

1924
Schließungsbekanntgabe
Gründe: finanzielle Lage, mangelnde Rentabilität, allgemeine ungünstige Lage der Kaliindustrie, Bankschulden, seit Januar 210 000 Goldmark, Werk besitzt kaum Effekten und Devisen, hohe Selbstkosten, veraltete Anlagen und eine ungünstige Rohstoffgrundlage. Die bei der Bekanntgabe der Schließung der Gewerkschaft Wilhelmshall anwesenden Gemeindevorsteher Lübke und Bekuhrs sehen größte Schwierigkeiten für ihre Gemeinden. Sie stellen einen Antrag auf Sachverständigenprüfung und bezweifeln die angebliche Unrentabilität.

1925
Die Förderung im Schacht Wilhelmshall I wird aufgegeben.
Aus einem Schreiben des Betriebsrates an das Reichswirtschaftsministerium Berlin geht hervor, dass von über 1000 Mann nur noch 90 Arbeiter beschäftigt sind.
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1926
Die Gewerkschaft hat über 1 000 000 Reichsmark an Schulden. Die Läger sind gefüllt und der Absatz der Salze ist sehr gering.
Somit wurden die letzten Salze der liquidierten Gewerkschaft Wilhelmshall im Schacht Dingelstedt abgebaut womit auch der Kalibergbau im Huy Weihnachten 1926 als man die Förderung einstellte endete.
Beschwerden von den Familien Schwannecke, Thormann und Hanecke aus der Ostenpforte in Dingelstedt an die Gewerkschaft Wilhelmshall über verseuchtes Wasser, welches nicht mal fürs Vieh geeignet ist. Das Wasser muss von den Betroffenen vom Gemeindebrunnen geholt werden.
Eine Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Man sagte, dass die undichte Stelle in der Dorfstraße bereits repariert sei und außerdem keine Abwässer mehr durch die Leitung fließen.

1927
Die Gemeinde Dingelstedt beschwert sich, dass der Brunnen vor der Friedenseiche verseucht ist. Die Familien Schwannecke, Thormann und Hanecke schreiben ebenfalls mehrere Briefe da ihr Wasser immer noch verseucht ist.
Vorschlag der Gewerkschaft Wilhelmshall: Errichtung eines elektrisch betriebenen Brunnens.
Die Gewerkschaft Wilhelmshall verschwindet nun auch auf dem Papier. Der Name ist nun Kali - Industrie Aktiengesellschaft / Werk Wilhelmshall
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1928
Die Aktiengesellschaft will den Brunnen in Dingelstedt vertiefen um einwandfreies Grundwasser für die Bevölkerung zu gewinnen.

1931
Die Sicherungs- und Verwahrarbeiten an den drei Schächten sind abgeschlossen

1933
Das Abpumpen des Grubenwassers wird eingestellt und die drei Schächte verschlossen.
Wilhelmshall gehört nun zur Werksgruppe Bismarckhall deren Sitz in Bischofferode ist. Direktor Zweigler ist ausgeschieden.

1934
Mitarbeiter der Wintershall AG bringen die Förderanlage im Schacht Dingelstedt
wieder in Fahrt.

1935
Die Wintershall AG überlässt der Deutschen Wehrmacht in einem Überlassungsvertrag, der am 24. August 1935 rechtsgültig wurde, rückwirkend zum 1. November 1934 die Anlagen der ehemaligen Gewerkschaft Wilhelmshall zur Nutzung.
Bereits im Frühjahr 1935 nimmt die neu geschaffene „Heeres-Munitionsanstalt Dingelstedt“ ihre Arbeit auf. Das gesamte Gelände wird eingezäunt und zum militärischen Sperrgebiet erklärt.
Gleichzeitig werden die Grubenbaue in 372 m und 379 m Teufe im Schacht Dingelstedt zu Lagerräumen umgebaut.
Im Wald zwischen Wilhelmshall und Mönchhai werden fünf große Produktionshallen für die Herstellung von Munition errichtet (Gewehrmunition, Granaten und Tellerminen).
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1938
Eine Stangendiesellok des Typs WR 360 C 12 wird von der Heeresmunitionsanstalt angeschafft. Rund 400 Zivilangestellte, meist Frauen, sind jetzt eingestellt. Im Volksmund wurde die Muna als „Bolchenbude“ (Bonbonfabrik) bezeichnet.

1941
Die vorhandenen Arbeitskräfte reichen nicht mehr aus womit auch französische Zwangsarbeiter eingesetzt werden.

1944
Die Zahl der Beschäftigten steigt auf rund 600 Männer und Frauen an.
Täglich verlassen nun im Durchschnitt zwei Munitionszüge die Muna.
Am 21.09.1944 ereignen sich zwei verheerende Explosionen auf dem Gelände der Muna. Bei diesen Explosionen werden 59 Arbeiter getötet und 30 schwer verletzt.
Ein Grab mit Gedenkstein befindet sich auf dem Dingelstedter Friedhof und erinnert an dieses furchtbare Unglück.

1945
Erst am 8. April, drei Tage vor der Besetzung der Muna durch Einheiten der
83. Infanterie-Division der IX. US-Armee wird die Produktion von Munition eingestellt.
Am 30. Juni 1945 übernimmt die Rote Armee das Gelände der Muna. Nun verschlechtert sich der Zustand der Schächte erheblich. Trotz eindringendem Wasser beginnen sie damit die wahrscheinlich mehr als 80 000 Minen und Munitionsbestände zu räumen.
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1948
Die Vereinigung Volkseigener Betriebe Kali (VVB) übernimmt die Anlagen von der Roten Armee und legt sie still.
In einem Teil der Gebäude in Wilhelmshall wird eine TBC- Heilstätte und eine Nervenklinik eingerichtet. In Mönchhai entsteht ein kleines Betonwerk.

1957
Mitarbeiter vom Schachtbau Nordhausen beginnen damit die Schächte I und Dingelstedt instand zu setzen.

1961
Da es keine wirtschaftlich vertretbare Möglichkeiten gibt die Grubenwässer und Laugen abzuleiten, müssen die Anlagen der ehemaligen „Gewerkschaft Wilhelmshall“ endgültig aufgegeben werden.

1962
Die Untertageanlagen werden geräumt und man beginnt mit der Räumung des gesamten Werkes.

1963
Die Fördertürme von Schacht II und Dingelstedt werden abgerissen und die Schachtröhren verschlossen.
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1970
Das Schachtgebäude vom Schacht I wird gesprengt und der Förderturm abgerissen.

1971
Die Nervenklinik in Wilhelmshall, welche seit 1968 zum Bezirkskrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie Haldensleben gehört wird geschlossen.
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2012
Am 06.08.2012 haben am „Schacht Elisabeth“ die erneuten Verwahrungsarbeiten begonnen. Nach 44 Jahren der dauerhaften Sicherung durch Flutung des Grubengebäudes haben die Verantwortlichen beschlossen das Altbergbaurelikt der „trockenen“ Verwahrung zu unterstellen. Es sollen nach Plan ca. 1600 LKW's je 40 Tonnen Kies in die Schächte eingelassen werden.

2013
30.01.2013 - Eine starke Sechskant-Betonplatte mit Bronzetafel krönt ab heute über den ersten Eingang des Bergbaurelikts. Die Verwahrung in Wilhelmshall wurde abgeschlossen. Es ist so gut wie nichts von den Wassermengen die ehemals eingelassen wurden, geblieben. Zum Schluss der Verwahrung sind knappe 40 m³ Lauge aufgestiegen, die dann in Schacht Dingelstedt umgeladen wurden. Verwarung dieses Schachts folgt als nächstes.
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Ausführlichere Informationen über die Kaliförderung im Huy finden Sie im Buch „Die Nebenbahn Nienhagen-Jerxheim“.

Verlag Dirk Endisch

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